Warum mag mein Kind nicht lesen?

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Warum mag mein Kind nicht lesen?

 

Warum mag mein Kind nicht lesen? Was braucht es denn, um lesen zu können und zu wollen? Man könnte sagen, die Buchstaben sollte man kennen, eine spannende Geschichte sollte es sein und los geht’s.

An sich richtig, aber damit die Buchstaben überhaupt erkannt und abgespeichert werden können, lohnt sich ein Blick hinter die Kulissen. „Fest steht, es gibt kein angeborenes System zum Lesen in unserem Gehirn. (…) Unser Gehirn ist das Gleiche wie das unserer Vorfahren, die vor 20.000 Jahren lebten. (…) Wir lesen und schreiben mit einem Gehirn, das also nicht speziell dafür konzipiert ist“ (Prof. Lauren Cohen, Neurologe, Hôpital de la Salpetière).

Vereinfacht gesagt, haben wir im Gehirn nur ein Areal für Symbole. Und kein Areal für das Lesen, das Schreiben oder das Rechnen. Davor war hier das Areal für Bewegung. Ist die Kontrolle über unsere Bewegung koordiniert und damit automatisiert, ist die Bahn frei fürs Denken. Das Gleichgewicht (körperlich, seelisch, emotional), die Bewegung und das Denken stehen in engem Zusammenhang.

Übersicht:

 

Lesen – eine Grundkompetenz und ein Grundbedürfnis_M-8 Evolutionspädagogik

M-8 Evolutionspdäagogik_Was braucht es zum Lesen

Wie lernen wir lesen?

Die visuelle Wahrnehmung ist die zentrale Fähigkeit. Das Wortbild muss erkannt, aufgenommen und entschlüsselt werden. Dafür braucht es zwei Prozesse, die zeitgleich ablaufen müssen. Der phonologische Prozess, der für die Rekonstruktion des Wortes verantwortlich ist und der semantische Prozess, der die Bedeutung des Wortes erschließt. Wir hören die Wörter, die wir lesen und stellen uns darunter etwas vor. Damit dies reibungslos passieren kann, braucht es einen fließenden Übergang zwischen rechter und linker Gehirnhälfte. Der Hirnbalken muss überwunden werden, um lesen zu können.

Lesen heißt Kino im Kopf

Ist die Visualisierungsfähigkeit blockiert, weichen wir auf das Hören aus. Diese auditive Wahrnehmung hilft uns in der deutschen Sprache, die weniger lautgetreu als bspw. die italienische Sprache ist, aber wenig. Das bringt uns speziell beim Schreiben in Schwierigkeiten. So wird schnell aus Vase eine ‚Wase‘. Sehen, Hören und Bewegen sowie die kognitiven Voraussetzungen wie Wahrnehmen, Verarbeiten, Merken, Strukturieren sind die Grundvoraussetzungen, um Lesen, Schreiben und Rechnen zu lernen.

Grundstock für ein zufriedenes Leben

Lesen, schreiben und rechnen sind die Grundkompetenzen für ein zufriedenes und erfolgreiches Leben. Wir lernen diese Fähigkeiten in der Volksschule und sie bilden den Grundstock für das weitere Leben. Deshalb sind diese ersten Schuljahre sehr wichtige Schuljahre. Denn die Erfahrung aus dieser Zeit ist ausschlaggebend für den Umgang mit unseren Kulturtechniken Lesen, Schreiben und Rechnen und dem weiteren Zugang zum Thema Lernen.

Es lohnt sich, achtsam zu sein. Eine Leseschwäche und eine daraus resultierende Leseunlust wirken sich schnell auf andere Fächer aus. Beobachten Sie Ihr Kind, was es daran hindert, neues hinter den Buchdeckeln zu entdecken. Starten Sie immer wieder Versuche mit verschiedenen Materialien und versuchen Sie es selber vorzuleben. Es ist für das Kind wichtig zu erfahren, dass lesen keine Hürde darstellt, um für sich selbst weitere Erkenntnisse zu erschließen. Auch Bücher bestehen nur aus Worten und diese nur aus 26 Buchstaben. Lesen ist der Schlüssel zum Werkzeugschrank des Lebens. Es wird in der Volksschule erlernt, aber geübt und trainiert, sodass es sich automatisiert und damit Freude bringen kann, wird es in der Freizeit zu Hause.

Leseschwäche – ein Tabuthema unserer Gesellschaft

Das Entsetzen ist immer wieder groß, wenn wir sehen, wie hoch die Prozentzahl in unserer Gesellschaft ist, die Probleme mit dieser Kulturtechnik hat. Menschen, die damit Schwierigkeiten haben, scheuen sich dies zuzugeben. Auch Schulen fällt der Umgang mit diesen Zahlen schwer und sie weisen die Verantwortung von sich. Lesen ist eine Grundvoraussetzung, um sich weitere spätere Fähigkeiten überhaupt aneignen zu können. Deshalb ist es umso wichtiger im eigenen Umfeld dafür Sorge zu tragen, dass dieses notwendige Werkzeug spielerisch erfahren und trainiert wird, damit es langfristig Freude bringen kann.